So können Zahnärzte Opfern von Gewalt helfen

Die Zahnärztekammer Nordrhein bietet ein kostenloses Seminar zu den Themen Kindesmisshandlung und Häuslicher Gewalt, das am 15. November stattfindet.

War es ein Unfall oder nicht? Insbesondere bei Verletzungen von Kindern lässt sich diese Frage oft nicht leicht beantworten. Denn Unfälle mit Verletzungen im Mund- und Kieferbereich sind bei Kindern keine Seltenheit. Dennoch ist es wichtig, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte aufmerksam sind. „Eine Einblutung am Gaumen ist beispielsweise ein Grund, misstrauisch zu werden“, berichtet Prof. Dr. Sibylle Banaschak, Leitende Oberärztin im Institut für Rechtsmedizin an der Uniklinik Köln und Leiterin des Kompetenzzentrums Kinderschutz im Gesundheitswesen (KKG). Der Gaumen sei nicht sturzexponiert, sodass ein Unfall auszuschließen sei und eine derartige Verletzung auf eine andere Ursache, beispielsweise eine mutwillige Verletzung durch einen Löffel beim Füttern, hinweise.

Verletzungen müssen dokumentiert werden

Aber auch bei anderen Verletzungen sollten Zahnmediziner nachhaken und sich den Hergang der Verletzung erklären lassen. Bei Möglichkeit sollte das Kind direkt gefragt werden. Versuchen die Eltern dabei, die Fragen selbst zu beantworten oder unterbrechen ihr Kind, ist Skepsis angebracht.

Wichtig ist vor allem, dass die Verletzungen entsprechend dokumentiert werden. Dafür sollte der Forensische Befundbogen genutzt werden, den die Zahnärztekammer Nordrhein zusammen mit der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe sowie den KZVen Nordrhein und Westfalen-Lippe für diese Fälle erarbeitet hat. „Der Befundbogen ermöglicht eine systematische Erfassung aller relevanten Details zu der vorliegenden Verletzung“, berichtet Prof. Banaschak.

Lieber einmal zu viel als zu wenig tätig werden

Gleichzeitig sollten Zahnärzte und Zahnärztinnen bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung nachhaken – zum Beispiel mit einer Notiz in der Akte für den nächsten Besuch. Darüber hinaus kann ein Nachfassen – bei Vorliegen einer Schweigepflichtsentbindung der Eltern – durch Nachfragen beim behandelnden Kinderarzt oder auch direkten Kontakt mit dem Jugendamt stattfinden.

Der Schritt zum Jugendamt sollte dann genommen werden, wenn die Eltern nicht kooperativ sind oder die behandelnde Person das Gefühl hat, das Kind nicht anders schützen zu können. Gegenüber dem Jugendamt sollten jedoch keine Schuldzuweisungen, sondern nur Fakten und der persönliche Eindruck vermittelt werden. Dabei gilt: Lieber einmal zu viel als gar nicht tätig zu werden. „Man darf sich auch irren“, sagt Prof. Banaschak.

Bei Erwachsenen ist ein Vorgehen schwieriger. Hier dürfen Zahnärzte nicht ohne Zustimmung des Patienten aktiv werden. Umso wichtiger ist es, auch dann die vorliegenden Verletzungen im Forensischen Befundbogen zu erfassen. Diese rechtssichere Dokumentation erleichtert es, später gegen die Täter vorgehen zu können. Gleichzeitig sollten den potenziellen Opfern Hilfen angeboten werden. Sei es durch die einfache Frage, ob die Person zu Hause sicher ist, oder indem mögliche Ansprechpartner wie Hilfestellen für Gewaltopfer an die Hand gegeben werden.

Antworten zu Fragen und rechtliche Grundlagen im kostenlosen Seminar

Neben rechtlichen Grundlagen wird in einem kostenlosen Seminar der Zahnärztekammer Nordrhein (in Präsenz und online) mit Prof. Banaschak vor allem das praktische Vorgehen im Umgang mit potenziellen Gewaltopfern besprochen. Mit wem kann man sich beraten? Was kann die zahnmedizinische Fachangestellte tun? Und was machen Sie, wenn Sie eine Ladung zu einem Gerichtstermin bekommen?

Das Seminar findet am 15. November von 15 bis 17 Uhr statt. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie auf der Webseite des KHI.

Daniel Schrader, Zahnärztekammer Nordrhein

 

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